Windkraft: Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Halver zur Berichterstattung im Allgemeinen Anzeiger

Wenn interessieren schon Fakten, wenn die Meinung bereits feststeht? Der Artikel und der Kommentar von Frau Lorencic, erschienen am 05.06.2021 im Allgemeinen Anzeiger, strotzen vor Unsauberkeiten, falschem Vokabular und Vermischungen von Tatsachen.

Schon die Überschrift („Vier Parteien, ein Kämmerer, ein Ziel“) sowie das angebliche „Parteien-Quartett“ in der Bildunterschrift sind faktisch falsch. Der Antrag zur Windenergie (Antrag-Windenergie-Halver.pdf) wurde von vier Fraktionen gestellt – nicht von Parteien. Mindestens eine der im Artikel abgebildeten Personen des „Parteien-Quartetts“ ist noch nicht einmal Mitglied einer Partei. Dieser Unterschied sollte einer Journalistin eigentlich bekannt sein.

Zum Artikel: Eine Suche im eigenen AA-Artikelarchiv hätte Frau Lorencic innerhalb weniger Minuten darauf gebracht, dass die SPD, UWG und die Grünen sich bereits 2015 (nämlich kurz vor der Wahl des heutigen Bürgermeisters Brosch) auf den Weg gemacht hatten, Windenergie in Halver zu realisieren (nachzulesen u.a. bei der SPD). Während die UWG und die Grünen sich an dieses Versprechen gehalten haben, war dies bei dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Martin Kastner bisher nicht der Fall. Aus diesem Grund haben sich UWG und Grüne andere demokratische Mehrheiten dafür gesucht, endlich Windenergie in Halver umzusetzen.

In dem Artikel des AA vom 05.06.2021 wird jedoch einzig und allein eine Person zitiert: Anstatt mit den vier antragsstellenden Fraktionen ein Gespräch zu führen, wird lediglich Martin Kastner als Fraktionsvorsitzender der SPD befragt. Also jener Fraktion, die nichts mit diesem Antrag zu tun hat. Zu lesen ist: „die Sozialdemokraten der Stadt wussten von dem Antrag nichts, wie Fraktionsvorsitzender Martin Kastner auf Anfrage mitteilt“. Diese Aussage entspricht nicht der Wahrheit. Die Grüne-Fraktion hatte Gespräche mit der SPD zum Thema Windkraft geführt. Leider verfolgt Herr Kastner einen gänzlich anderen Ansatz als die Grünen, sodass keine gemeinsame Linie gefunden werden konnte. Um es klar zu formulieren – wir haben kein Problem mit der SPD-Fraktion oder mit der Partei und arbeiten mit vielen Fraktionsmitgliedern der SPD konstruktiv zusammen. Seit jedoch Herr Kastner die Fraktion auf seine besondere Art führt, ist keine Verlässlichkeit mehr vorhanden, wie wir erst gerade bei dem gemeinsamen Antrag von SPD und Grüne zum Thema Gewerbegebiete erfahren mussten.

Leider widersprechen sich im Zeitungsbeitrag sowohl Herr Kastner als auch Frau Lorencic: Sie behaupten, der Antrag sei nicht nötig gewesen und es sei eh alles klar. Warum hat die Heimatzeitung dann bis heute nicht darüber berichtet? Wenn eh alles klar ist, wo sind die Bürgerinformationen an den Standorten? Und wo ist die Bürgerbeteiligung? Macht es wirklich keinen Unterschied, ob die Erträge aus der Windkraft in Halver bleiben und die Steuern vor Ort abgeführt werden? Wir denken, es macht einen großen Unterschied, denn alle Lokalpolitiker sind verpflichtet, das Beste für die Stadt zu erreichen.

Wenn sich Frau Lorencic mit dem Thema Windenergie auseinandergesetzt hätte, wüsste sie, welche Flächen für Windräder infrage kommen und sie wüsste, dass die Stadt Halver für den heutigen Kenntnisstand bezahlt hat, zum Beispiel in Form von Gutachten. Und nachdem die Stadt diese Investition geleistet hat, wollen Sie wirklich, dass Energie-Riesen dieses Wissen nun nutzen, um Gewinnmaximierung zu betreiben? Mit dem Ergebnis, dass vor Ort keine Steuern bezahlt werden? Der nun gestellte Antrag sieht vor, dass der Beigeordnete Herr Tempelmann Gespräche und Verhandlungen mit Grundstückseigentümern und Kooperationspartner führt, um das Beste für den Klimaschutz und die Stadt Halver zu erreichen: Windenergie, deren Erträge in der Kommune bleiben. Um nochmal klar und deutlich den Inhalt des Antrages zusammenzufassen: 1. Es sollen Windräder in Halver gebaut werden. 2. Im Optimalfall soll die Stadt davon auch finanziell profitieren. 3. Die Bürger sollen in diesen gesamten Prozess eingebunden werden und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Leider stimmen auch zahlreiche andere Fakten des Artikels nicht: Die Berufung bezieht sich auf eine andere Fläche – längst nicht mehr auf Engstfeld. In Deutschland dauern Klagen ja bekanntlich mitunter lange – aber 20 Jahre? Woher nehmen Sie dieses Wissen? Der Märkische Kreis trifft seine Entscheidungen anhand diverser Kriterien – eine gute Journalistin sollte dies wissen und vielleicht dort nachfragen. Aber wen interessieren schon Fakten, wenn die Meinung bereits feststeht.

Fakt ist: Die Grüne-Fraktion ist die einzige (!) Fraktion, die seit jeher für Windenergie in Halver einsteht. Es ist ein netter Fun-Fact, wie sich im Jahr 2003 (also vor 18 Jahren!) die SPD verhalten hat. Ein netter Fun-Fact von unserer Seite: In Halver gibt es 1 Windrad (nachzulesen u.a. noch im vergangenen Jahr im AA). Die Lektüre des Artikels aus dem eigenen Hause hätte rund die Hälfte des Kommentares widerlegt.

Wie sich die SPD in den vergangenen 6 Jahren verhalten hat, wird dem Leser leider vorenthalten. Fakt ist: Die SPD, UWG und Grüne können die „Verhinderungszone“ Engstfeld kippen – da stimmen wir vollkommen mit Ihnen überein. Leider wollten dies aber weder der amtierende Bürgermeister noch der heutige Fraktionsvorsitzende der SPD. Die UWG und die Grünen standen zu ihrem Wort! Was mit dem neuen Antrag zur Windkraft erreicht wird, ist die Einlösung eines Wahlversprechens: Nämlich der Bau von Windrändern in Halver. Denn Fakt ist: eine demokratische Mehrheit (die durch die Halverannerinnen und Halveraner gewählt worden ist) löst ein Wahlversprechen ein. Die SPD – oder zumindest der Fraktionsvorsitzende – will einen anderen Weg. Das ist nicht weniger als gelebte Demokratie. Es bilden sich parlamentarische Mehrheiten und beschließen etwas. Die Mehrheit der Halveranerinnen und Halveraner haben nämlich eben diese Mehrheitsverhältnisse gewählt. Dennoch konstruiert Frau Lorencic in ihrem Kommentar eine Welt, in der die SPD sich gegen die Übermacht der anderen wehrt. Der Wahlgewinner wird zum Verlierer degradiert – das schwimmt zwischen den Zeilen mit. Das ist wieder ein gefährliches Spiel.

Dr. Jana Schrage, Sprecherin Ortsverband B´90/Die Grünen
Matthias Clever, Fraktionsvorsitzender Grüne im Rat der Stadt Halver