10 Millionen Euro für den Bauhof Halver? Wie ein guter Kompromiss gelingen kann

Bauhof Halver

Fotos: Martin Donat | LifeCYCLE media

Bauhof Halver: Bestandsaufnahme

Die Analyse der Zustände im Büro- und Sozialtrakt des Bauhofes Halver war schonungslos: „Der Bürobereich ist erheblich zu klein. Die geringe Raumhöhe verstößt gegen die Arbeitsstättenrichtlinie. Es riecht muffig. Aufgrund konstruktiver Mängel sind die Räume feucht und neigen zur Schimmelbildung. Der Sanitärbereich für Damen ist als solcher nicht zu bezeichnen und komplett inakzeptabel.“

Protokolliert wurden diese Sätze im Dezember 2020. In der letzten Ratssitzung des Jahres berieten die Mitglieder des Halveraner Stadtrates über den Neubau eines Büro- und Sozialgebäudes auf dem Bauhof Halver. Ein Architekt stellte Pläne für ein zweigeschossiges Gebäude vor. Die Kostenschätzung belief sich auf etwa 1,17 Millionen Euro. Der Rat unterstützte das Projekt einstimmig. Er beauftragte die Stadt, die Planungen weiter auszuarbeiten und dem Gremium im Frühjahr 2021 zur Beschlussfassung vorzulegen.

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Zu einem Baubeschluss aber ist es seitdem nicht gekommen. Stattdessen beschloss der Rat im April 2023 einstimmig den Umzug und kompletten Neubau eines Baubetriebshofes. Auch die Grüne Ratsfraktion hat damals für dieses Projekt gestimmt. Mittlerweile aber ist bekannt geworden, dass sich die Kostenschätzung für den Neubau auf 10 Millionen Euro beläuft. Kann sich Halver angesichts leerer Stadtkassen eine solche Investition wirklich leisten? Oder wäre es nicht doch die vernünftigere Idee, am alten Standort in der Elberfelder Straße 35 neu zu bauen?

Interview mit Uwe Leinung, Fraktionsmitglied und im Ausschuss Planung & Umwelt

Wir haben mit dem Grünen Ratsmitglied Uwe Leinung über den Bauhof Halver gesprochen. Er ist Architekt und betreut in seinem Berufsleben als Projektmanager selbst Bauprojekte in dieser und weit größerer Größenordnung.

Redaktion: Uwe, in Zeiten leerer Kassen müssen auch Kommunen jede Entscheidung gut überdenken. Was spricht aus deiner Sicht für einen Neubau des Baubetriebshofes?

Uwe Leinung: Der Bauhof Halver befindet sich seit dem Jahr 1976 an seinem aktuellen Standort. Der Büro-und Sozialtrakt stammt sogar aus der Zeit um 1937. Vor allem dieses Gebäude entspricht heute in keinster Weise mehr den geforderten Standards, insbesondere in arbeitsschutzrechtlicher Sicht. Die Sanitär- und Umkleidebereiche sind wesentlich zu klein und aufgrund der baupysikalischen Gegebenheiten in einem schlechten Zustand. Es schimmelt auch schnell in den Räumen. Von dem optischen Eindruck will ich erst gar nicht sprechen.

„Für uns Grüne ist dabei wichtig, dass bei allen Überlegungen die Rahmenbedingungen für das Personal an erster Stelle stehen.“

Uwe Leinung, Grüne Halver
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Michael M. Schmidt, Fachbereichsleiter Bauen, Umwelt und Klimaschutz in der Stadtverwaltung Halver (l.), und Uwe Leinung von den Grünen auf Besichtigung vom Bauhof Halver

In den letzten Jahren haben Stadt und Politik versucht, durch Einzelmaßnahmen die Arbeitsbedingungen für die über 20 Mitarbeitenden des Bauhofes Halver zu verbessern. So wurde ein Container aufgestellt. Leider haben diese Änderungen nur punktuell zu Verbesserungen geführt. Es muss deshalb dringend gehandelt werden. Darüber sind sich Verwaltung und Politik seit geraumer Zeit einig.

Für uns Grüne ist dabei wichtig, dass bei allen Überlegungen die Rahmenbedingungen für das Personal an erster Stelle stehen. Die Mitarbeitenden benötigen vernünftige Umkleideräume und funktionierende Duschen. Ein ausreichend großer Besprechungs- und Aufenthaltsraum sowie ein Büro, in dem man gern arbeitet, sind ebenfalls wichtig. All das hat oberste Priorität und muss dringend verbessert werden. An einem Neubau führt demzufolge kein Weg vorbei.

Redaktion: Die politische Diskussion schwankte lange zwischen einem Teil-Neubau am alten Standort und einem Umzug in einen komplett neu gebauten Bauhof Halver. Angesichts knapper Kassen spricht vieles für eine gute Kompromisslösung. Also doch für den Neubau eines Büro- und Sozialgebäudes am alten Standort?

Uwe Leinung: Bei Bauprojekten sollte man stets die vorhandene Bausubstanz nutzen. Dadurch reduziert man den Abriss auf ein Minimum und vermeidet Abfälle. Das Baugewerbe zählt zu den größten Müllproduzenten. Daher braucht es neue Lösungen, um nachhaltiger und klimaschonender zu bauen. Bauherren sollten sich immer fragen: Ist es möglich ein vorhandenes Gebäude maßvoll zu ergänzen oder zu erweitern?

Die Stadtverwaltung hat uns beim Fall des Halveraner Bauhofes jedoch überzeugend erklärt, dass der bisherige Standort mit seinen bestehenden Gebäuden nicht zukunftsfähig umgebaut werden kann. Deshalb haben wir im Rat die Entscheidung revidiert, am alten Standort einen neuen Büro- und Sozialtrakt zu bauen. Auch die Möglichkeit, ein ausreichend großes Grundstück im zukünftigen Gewerbegebiet Leifersberge zu nutzen, hat dabei eine Rolle gespielt. Aus meiner persönlichen Sicht können und wollen wir einen Neubau im Gewerbegebiet Leifersberge nicht weiter in Frage stellen.

„Wir werden zweifelsohne Prioritäten setzen müssen und nicht alle Wünsche erfüllen können.“

Uwe Leinung, Grüne Halver

Redaktion: Ein Neubau von 10 Millionen Euro plus das Gewerbegrundstück, das die Stadt wegen Eigenbedarf nicht verkauft kann, werden dennoch eine riesige Lücke in den städtischen Haushalt reißen. Ließe sich denn nicht auch am neuen Standort eine kostengünstigere Alternative errichten, die den Mitarbeitenden dennoch moderne und den Vorschriften entsprechende Arbeitsbedingungen bietet?

Uwe Leinung: Ich bin überzeugt, dass sich ein guter Kompromiss für den Bauhof finden lassen wird. Im ersten Schritt sollten Stadtverwaltung und Politik gemeinsam hinterfragen, welche Gebäude und Funktionen ein neuer Bauhof wirklich braucht. Die Bauhof-Mitarbeitenden und der Personalrat der Stadtverwaltung müssen in diese Beratungen zwingend mit eingebunden werden. Wenn wir dann zusammen eine Anforderungsliste erstellt haben, muss diese mit den finanziellen Möglichkeiten abgeglichen werden. Wir werden zweifelsohne Prioritäten setzen müssen und nicht alle Wünsche erfüllen können. Ich könnte mir auch vorstellen, zunächst die wichtigsten Bestandteile des Bauprogramms umzusetzen. Fehlende Teile fügt man später hinzu.

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Konstruktive Gespräche sind für jeden Kompromiss eine Grundvoraussetzung.

Die CDU hat vor Kurzem den Antrag gestellt, eine Kommission zu gründen, die sich mit der Aufgabe auseinandersetzt und das Projekt steuert. Diese Idee unterstütze ich nicht. Eine kompetente Projektsteuerung einzusetzen, halte ich in der jetzigen Situation jedoch für sinnvoll. So könnten Moderationen zwischen den Beteiligten erfolgen, Analysen angefertigt, Ergebnisse präsentiert und Empfehlungen ausgesprochen werden. Ich glaube, nur so finden wir den besten Kompromiss.

Redaktion: Würde ein gut gesteuerter Neubau im Gewerbegebiet Leifersberge auch die Möglichkeit bieten, die Servicepalette des Halveraner Bauhofes zu erweitern?

Uwe Leinung: Ja, ich bin überzeugt, dass mit dem Neubau sowohl Verbesserungen für die Bauhof-Mitarbeitenden als auch ein zusätzliches Angebot für die Bürger:innen Halvers geschaffen werden können. Ich stelle mir vor, dass der neue Bauhof Sperrmüll in einem bestimmten Umfang annimmt. Bürger:innen könnten außerdem die Möglichkeit haben, Bauschutt in kleinen Mengen zu entsorgen. Ein solches Angebot wünschen wir uns doch alle.

Redaktion: Vielen Dank, Uwe, für das Gespräch.

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Martin Donat ist Mitglied der Grünen in Halver und kümmert sich für den Ortsverband um Web und Social Media. Foto: lifeCYCLE media

Eindrücke vom Ortstermin

Der Bauhof war schon so manches Mal Thema in unseren Grünen Fraktionssitzungen. In der Theorie war er mit bereits wohlbekannt. Zu klein, zu alt, teils marode und ein Neubau wahnsinnig teuer – meine Assoziationen zum Sachverhalt. Aber mal ehrlich: Wie soll ich mir zu all dem eine Meinung bilden, wenn ich das alles nur „auf dem Papier“ kenne?

Heute sollte sich das ändern. Uwe Leinung, der für die Grünen in Halver im Ausschuss Planung & Umwelt sitzt, und ich durften den Bauhof genauer unter die Lupe nehmen. Michael Schmidt, der Fachbereichsleiter für Bauen, Umwelt und Klimaschutz in Halver, öffnete für uns die Türen seines Sorgenkindes.

Was wir zu sehen bekamen, war durchaus eindrucksvoll. „Historischer Charme“ beschreibt es sehr liebevoll, aber nicht wirklich treffend. Der Gebäudekomplex wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet – und das sieht man ihm an! Probleme gibt es an allen Ecken und Kanten. Die Bausubstanz ist in einem sehr schlechten Zustand. Im bisherigen Büro ist der Boden feucht, der Putz bröckelt von den Wänden. Kein Dauerzustand – weshalb das Büro seit Kurzem in einen Container auf dem Hof ausgelagert wurde. Energieeffizienz? Fehlanzeige. Toiletten und Umkleideräume sind auf jedem Musikfestival in einem besseren Zustand.

Abgesehen davon mangelt es überall am Platz. Das führt zu zahlreichen Problemen. Im Winter lassen sich die Fahrzeuge nicht ordnungsgemäß reinigen. Maschinen blockieren die Lagerräume so sehr, dass man nirgendwo mehr hinkommt. An eine praktikable Werkstatt zur Wartung der Fahrzeuge ist nicht zu denken.

Kurzum: Es ist offensichtlich, dass hier etwas passieren muss. Und es ist gut, das mal mit den eigenen Augen gesehen zu haben!

Wir haben uns vor Ort Umgesehen und uns einen eigenen Eindruck gemacht. Im Video nehmen wir dich mit zum Bauhof Halver!