„Ambulantes Hospiz Halver“: Wie Ehrenamt dem Tod Menschlichkeit schenkt

Grüne Halver - % filename%

Sterben ist schwer genug – gut, wenn niemand in Halver diesen Weg allein gehen muss. In Folge 11 unseres Podcasts „Grünfunk Halver“ sprechen wir mit Ute Gall – Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes der Arche Lüdenscheid. Sie erklärt, wie ihre Arbeit aussieht, was das Team auch in Halver leistet und warum Ehrenamtliche hier nicht nur anderen helfen, sondern auch sich selbst.

Tod ist nicht das Ende: Wie alles begann

Grüne Halver - % filename%

Ute Gall ist gelernte Krankenschwester. Ihr Weg in die Hospizarbeit begann nicht mit einer bewussten Entscheidung, sondern mit einer Überforderung. In der Hämatoonkologie, wo sie viele junge Menschen im Sterben betreute, fehlte ihr das Handwerkszeug für das Gespräch, für den Umgang mit Leid und Abschied. Stattdessen blieb das Gefühl von Ohnmacht.

Also kündigte sie, ging ins Ungewisse. Der Kontakt zum Hospiz kam zustande, als man sie ansprach, ob sie dessen Leitung übernehmen wolle. Dort lernte sie, worauf es im letzten Lebensabschnitt wirklich ankommt: Zeit, Gespräch, Berührung, Würde. Doch Ute Gall merkte auch: Die meisten Menschen wollen zu Hause sterben. So entstand der Gedanke für ein ambulantes Hospiz in Lüdenscheid.

Was ist ein ambulantes Hospiz überhaupt?

Ein klassisches Hospiz ist eine stationäre Einrichtung mit Pflegepersonal, Betten, medizinischer Versorgung. Das ambulante Hospiz dagegen bringt Begleitung dorthin, wo der Mensch lebt: nach Hause, ins Pflegeheim, ins gewohnte Umfeld.

Der Dienst in Lüdenscheid ist seit 2006 als Verein organisiert. Mittlerweile begleitet er jährlich rund 120 Menschen im ganzen Märkischen Kreis – mit Ausnahme von Herscheid und Plettenberg, wo jeweils eigene ambulante Hospizdienste bestehen.

Das Besondere: Die Arbeit ruht auf den Schultern von rund 100 Ehrenamtlichen. Diese Menschen kommen nicht aus der Pflege, sondern aus allen Lebensbereichen. Sie erhalten eine achtmonatige Ausbildung und begleiten Sterbende und ihre Angehörigen. Zuhören, da sein, aushalten. Das ist ihr Geschenk.

Ehrenamt zwischen Tränen und Dankbarkeit

Was tun Ehrenamtliche konkret? Sie sind für Menschen da, die sterben. Sie reden, schweigen, halten Hände. Sie begleiten Angehörige, die zwischen Angst, Trauer und Hoffnung schwanken. Und sie bleiben auch nach dem Tod oft in Kontakt. Manchmal stoßen sie mit Sekt auf das Leben an. Manchmal sitzen sie einfach nur schweigend daneben.

Die Einsätze sind sehr unterschiedlich. Mal geht es um Gespräche, mal um Rituale. Mal um Kinder, die den Opa verabschieden möchten. Mal um alte Menschen, die niemanden mehr haben. Und immer wieder geht es um das große Thema: Loslassen.

Ausbildung mit Herz und Haltung

Wer mitmachen will, braucht kein Fachwissen – aber Einfühlungsvermögen und Offenheit. Die Ausbildung beginnt jedes Jahr im April in Lüdenscheid mit einem gemeinsamen Wochenende. Danach treffen sich die Teilnehmenden einmal pro Monat an einem Samstag. Abgeschlossen wird die Ausbildung mit einem weiteren gemeinsamen Wochenende im November. Vermittelt wird das sogenannte „Handwerkszeug“: Kommunikation, Trauerprozesse, ethische Fragen, Selbstschutz. Denn nur wer innerlich stabil ist, kann anderen Halt geben.

Der Dienst sorgt auch für Supervision, Gespräche, Treffen. Denn die seelische Belastung ist real. Aber auch die Dankbarkeit ist groß.

Die Finanzierung: viel Idealismus, wenig Geld

Das ambulante Hospiz bekommt Förderung – aber zeitverzögert. Das heißt: Alles muss vorfinanziert werden. Die Ausbildung, die Fahrten, die Büros, die Technik. Für vieles reicht das Geld nicht. Deshalb ist der Dienst auf Spenden angewiesen.

Besonders herausfordernd: Die Trauerarbeit nach dem Tod eines Menschen wird gar nicht finanziert. Dabei ist genau sie oft entscheidend für die seelische Gesundheit der Angehörigen.

Was Politik tun kann – und was du tun kannst

Die Politik könnte mehr Aufmerksamkeit schenken, Ehrenamt sichtbarer machen, Vernetzung unterstützen. Zum Beispiel, indem lokale Einrichtungen das ambulante Hospiz einladen, es in Ausschüsse einbinden oder bei Aktionen mitdenken.

Aber auch du kannst etwas tun: Sprich darüber. Teile den Podcast. Vielleicht kennst du jemanden, der mitmachen möchte. Oder du denkst: „Das ist nicht meine Aufgabe“ – auch gut. Doch vielleicht kannst du spenden oder einfach helfen, das Thema Sterben aus der Tabuzone zu holen.

Ein Ehrenamt, das Spuren hinterlässt

Sterben ist Teil des Lebens. Das ambulante Hospiz Lüdenscheid hilft, diesen letzten Weg würdevoll zu gestalten – mit Herz, Zeit und offenen Ohren. Und jeder kann helfen, dass diese Arbeit weitergeht.

Alle Infos und Kontakt: https://www.arche-luedenscheid.de/ambulantes-hospiz/

Grünfunk 11 – jetzt anhören!

Sterben ist schwer – allein noch schwerer. In dieser Folge sprechen wir mit Ute Gall vom ambulanten Hospizdienst der Arche Lüdenscheid. Sie erklärt, wie Ehrenamtliche Sterbende und Angehörige begleiten, was man in der Ausbildung lernt und warum diese Arbeit so wichtig ist. Du erfährst, wie man mitmachen kann, warum Spenden helfen – und was es braucht, um Menschen auf ihrem letzten Weg nicht allein zu lassen.